Zwei Tage vor dem am kommenden Samstag (27. Februar) stattfindenden IBO-WM-Boxkampf zwischen dem deutschen Herausforderer Marco Huck (31) und dem aktuellen Titelträger Ola Afolabi (34) präsentierten sich die beiden Boxer den Zuschauern am Mittwoch (24. Februar) in einem öffentlichem Training in der VitaSol Therme in Bad Salzuflen. Fokussiert und ohne die sonst üblichen Entertainment-Einlagen absolvierte Cruisergewichtler Marco Huck das obligatorische Training. Wie schon bei der Pressekonferenz am vergangenen Montag zeigte sich „Huck Reloaded“ überaus konzentriert und ernsthaft.
Mit großer Wucht feuert er ein ums andere Mal mit wechselnden Kombinationen in die Pratzen seines neuen Trainers Varol Vekioglu, Der 31-jährige Herausforderer will keine Zweifel aufkommen lassen und demonstrierte, wie gewissenhaft er sich auf den nach eigenem Bekunden „wichtigsten Kampf meines Lebens“ gegen IBO-Titelträger Ola Afolabi vorbereitet hat. Als er am Ende der zweiten Pratzenrunde abschließend eine harte Rechte auf der Leber seines Trainers landet, muss der trotz Protektoren sichtlich beeindruckte Chefcoach das öffentliche Training beenden. „Ich rechne mit einem langen Kampf, aber so gut, wie ich mich fühle, kann es auch ein schnelles Ende geben“, so Huck, „Ola ist bekannt dafür, dass er ein besonders gutes Kinn hat und auch die härtesten Schläge einstecken kann, ohne zu Boden zu gehen. Aber er soll sich für Samstag warm anziehen, denn ich werde gewinnen.“
Dagegen ließ es IBO-Titelverteidiger Ola Afolabi bei seinem öffentlichen Training deutlich ruhiger angehen. Ein bisschen Aufwärmen, eine Runde leichtes Schattenboxen, dann noch eine Runde Pratzentraining mit seinem japanischen Konditionstrainer - länger wollte sich der Brite nicht in die Karten schauen lassen. „Ich erwarte einen harten Kampf, den ich sehr ernst nehme. Aber ich bin mir meiner Sache völlig sicher - dieses Mal geht es für Marco nicht gut aus. Mein Herz ist dabei meine beste Waffe. Deshalb lautet meine Botschaft an Marco: viel Glück, pass gut auf Dich auf und komm nach Deiner Niederlage am Samstag gesund und wohlbehalten wieder nach Hause zu deiner Familie.“
RTL-Interview mit Marco Huck
Im Vorfeld des Kampfes sprach Marco Huck in einem ausführlichen RTL-Interview über seine Motivation und intensive Vorbereitung, die Wahl des Kampfmottos und seine Rückkehr an den Ort, wo er 2009 bereits den WBO-Weltmeister-Titel gewinnen konnte.
Marco, rund sechs Jahre lang waren Sie WBO-Weltmeister im Cruisergewicht. Im August 2015 verloren Sie Ihren Titel dann an den Polen Krzysztof Głowacki. Was ist bei Ihrem letzten Kampf schiefgelaufen?
Huck: „Da ist viel schiefgelaufen. Ich habe mir quasi selbst ein Bein gestellt, nur um meinem damaligen amerikanischen Trainer einen Gefallen zu tun. Ich bin nach Las Vegas gegangen, um meine Vorbereitung dort zu absolvieren - zur heißesten Zeit des Jahres, bei 46 Grad. Das alleine ist schon schwierig, aber die Trainingshallen hatten keine Klimaanlage. Es war wirklich mörderisch. Bei der ersten Trainingseinheit habe ich schon gedacht, Oh Gott, wie soll das hier klappen?‘. Trotzdem hatte ich den Hintergedanken ,Bis jetzt hat es immer geklappt, es wird schon wieder klappen‘ im Kopf.“
Das erste Mal in Ihrer Profikarriere lagen Sie am Boden. Was war das für ein Moment?
Huck: „Ich sehe es gar nicht so, dass Krzysztof Głowacki mich geschlagen hat. Ich habe mich in diesem Kampf selbst geschlagen. Man hat ja noch gesehen, dass ich ihn, trotz meiner körperlich schlechten Verfassung, am Boden hatte. Die meisten, die sich mit mir auseinandergesetzt haben und meine Kämpfe mit verfolgt haben, die wissen, dass, wenn ich jemanden anschlage, meistens noch 100 Serien hinterher schlage. Aber da ging es einfach nicht. Das Herz wollte, aber der Körper konnte einfach nicht. Ich bin schon mit einem schlechten Gewissen in den Ring gestiegen. Das war praktisch schon der Anfang vom Ende. Man muss seine Hausaufgaben schon vorher erledigen und mit einem reinen Gewissen hereingehen.“
Was unterscheidet einen guten Boxer von einem Champion?
Huck: „Dass er nach einer Niederlage wieder aufsteht. Es ist definitiv so. Auch die ganz Großen haben schwere Niederlagen einstecken müssen. Sie sind alle wieder zurückgekommen. Ich hoffe jetzt, dass ich ihnen auch nacheifern kann und wieder dort angelange, wo ich hingehöre: an die Weltspitze.“
Der Kampf findet unter dem Motto „Huck Reloaded!“ statt.
Huck: „Das ist ein Motto, das ich mir selbst ausgesucht habe. Ich habe alles Revue passieren lassen, was geschehen ist und habe mit der Niederlage abgeschlossen. Ich weiß, was damals mein Fehler war. Doch ich habe jetzt alles getan. Ich werde jetzt meinen Mann stehen.“
Was sind Ihre Stärken und gibt es etwas, das Sie noch besser machen könnten?
Huck: „Ja, definitiv. Man lernt nie aus. Boxen ist wie Schule. Man muss sich immer weiterentwickeln. Es gibt noch Defizite, die ich bei mir selbst bemerke und die ich noch verbessern kann, aber das sieht man natürlich nicht immer, wenn man gerade am Boxen ist. Da muss manchmal auch jemand da sein, der einem die Fehler nennt. Ich spreche auch mit den Trainern vorab: ,Achtet bitte darauf, wenn ich diesen Fehler mache, erinnert mich wieder dran.‘ Wenn man mitten beim Boxen ist, kann man nicht immer so darauf achten.“
Sie boxen eher offensiv. Ist die Deckungsarbeit vielleicht ein Knackpunkt bei Ihnen?
Huck: "Ich bin eher ein Champion der Massen. Ich möchte meinem Publikum etwas zurückgeben. Ich freue mich, wenn sie live vor Ort sind oder mir auch von zu Hause aus live vor dem Bildschirm die Daumen drücken. Sie schreiben mir auch schöne Sachen. Wenn sie mich so pushen, möchte ich natürlich etwas liefern. Selbst wenn ich jede Runde gewonnen habe und nur noch zehn Sekunden zu boxen sind, möchte ich noch etwas bieten und pfeffere aus allen Rohren.“
Was macht Sie sicher, dass Sie Ola Afolabi am 27. Februar schlagen werden?
Huck: „Ich möchte das Kapitel Afolabi nun ein für alle Male aus der Welt schaffen. Was mich sicher macht? Ich trainiere sehr, sehr fleißig. Genauso wie zur Anfangszeit, als ich Weltmeister geworden bin. Ich habe fast alles beiseite geschafft. Ich habe mich hart geschunden, bin sehr fokussiert und möchte den Titel mit nach Hause nehmen.“
Was ist Ihr Plan? Direkt von Anfang an zu dominieren?
Huck: „Das ist auf jeden Fall einer der Pläne. Ich möchte in den Kampf hineingehen. Im Moment mache ich alles dafür, dass ich mit einem guten Gewissen in den Ring gehen kann. Ich werde in jede Runde reingehen und pfeffern, bis der Arzt kommt.“
Anderthalb Wochen vor dem Kampf haben Sie den Trainer gewechselt und damit eine zu diesem Zeitpunkt sehr ungewöhnliche Maßnahme getroffen.
Huck: „Im Laufe des Trainingscamps habe ich nicht nur gemerkt, dass die Chemie zwischen mir und Varol Vekioglu besonders gut stimmt, sondern auch, dass taktisch und technisch sehr viele gute Sachen von ihm kommen. Varol erreicht mich auch in Stresssituationen besonders gut und kommt an meine Psyche viel besser ran. Conni Mittermeier hat mich zuvor sehr hart rangenommen und topfit gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Aber dennoch war es für meine sportlichen Ziele das Beste, Varol zum Trainer zu ernennen, der in meiner Ringecke steht.“
Sie haben im August 2009 in HalleWestfalen den WBO-Titel gegen Victor Emilio Ramírez gewonnen. Nun kämpfen Sie wieder dort. Inwiefern stellt der jetzige Kampf gegen Ola Afolabi einen Heimvorteil für Sie dar?
Huck: „Das ist auf jeden Fall ein Heimvorteil. Das habe ich zum Beispiel auch in Stuttgart bemerkt, als ich gegen Firat Arslan gekämpft habe. Ich war sehr gut vorbereitet und es war auch eine kleine Motivation für mich, in Deutschland zu kämpfen. Ich habe mir sehr viel Mühe gegeben, so dass ich am Ende viele Fans für mich gewinnen konnte. Dass ich über 90 Prozent der Leute, die gegen mich waren, für mich gewinnen konnte, war sehr schön.“
Abseits des Boxrings - was für ein Typ Mensch sind Sie?
Huck: "Ich trage mein Herz auf der Zunge. Was ich denke, sage ich auch. Aber jeder Sportler hat Leute, die einen nicht mögen. Ich bin ein sehr großzügiger Mensch. Ich helfe sehr gerne. Und jeder, der mit mir befreundet ist, spürt auch die Liebe, die ich im Herzen trage.“
Kurzportrait Marco Huck
Geburtstag: 11. November 1984
Geburtsort: Ugao, Serbien
Nationalität: Deutsch
Wohnort: Berlin
Größe: 1,88 Meter
Profidebüt: 07. November 2004
Kämpfe: 38 Siege; 26 KOs; 3 Niederlagen; 1 Unentschieden
Auslage: Normal
Trainer : Varol Vekiloglu, Conny Mittermeier (in der Vorbereitung)
Promoter: Kenan Hukic
Erfolge: 2001 Europameister im Kickboxen
2003 Weltmeister im Kickboxen
2006 bis 2007 Europameister (EBU-EU)
2008 bis 2009 Europameister (EBU)
2009 bis 2015 WBO-Weltmeister
Privates
Marco Huck wurde am 11. November 1984 in Ugao im ehemaligen Jugoslawien geboren. Er verlebte die ersten Jahre seiner Kindheit im Bezirk Sandschak von Novi Pazar, einem islamisch geprägten Gebiet. Als er neun Jahre alt war, flüchtete die gesamte Familie aufgrund des Jugoslawienkriegs 1993 in die Bundesrepublik und ließ sich in Bielefeld nieder.
Huck ist bekennender Familienmensch. „Meine Mutter Bisera und mein Vater Rasim haben sich immer sehr um mich und meine Geschwister gekümmert. Ich habe einen Bruder (Kenan) und zwei Schwestern (Munevera und Muamera)“, sagte er der FAZ. Dabei gibt er selbstkritisch zu: „Meine Mutter hat mich oft sogar zu sehr verwöhnt. Als ich später nach Berlin zog, musste ich erst einmal lernen, wie man einen Kaffee aufsetzt oder Mahlzeiten zubereitet.“
Huck legt außerordentlich großen Wert auf sein Äußeres. Einen großen Teil des von ihm verdienten Geldes investiert er in teure Markenkleidung, Uhren und sonstigen Schmuck. Als Hobbys nennt der Boxer, der sich selbst gerne als "Lebemann" bezeichnet, Fußballspielen (er ist Fan von Arminia Bielefeld) und sich mit Freunden treffen. Zu seinen Lieblingsgerichten zählt er Kalbfleischgerichte, Cevapcici und Pita.
RTL-Interview mit Ola Afolabi
Auch der 35-jährige Brite Ola Afolabi sprach im Vorfeld seines Kampfes in einem ausführlichen RTL-Interview über seine psychologischen Vorteile und über seine Zukunftsvorstellungen abseits des Boxrings.
Sie kämpfen nun bereits zum vierten Mal gegen Marco Huck. Was hat sich nach den ersten drei Kämpfen verändert?
Afolabi: „Es ist super, als Champion in den Ring zu steigen und nicht als der Herausforderer. Ich fühle, dass ich auf einem guten Weg bin: Ich habe meinen letzten Kampf gewonnen, ich habe den Titel gewonnen. Auf Marco Huck lastet viel Druck. Er hat den letzten Kampf verloren - durch K.O. Ich denke, dass ich sowohl mentale als auch körperliche Vorteile für den nächsten Kampf mitbringe.“
Wie würden Sie Marco Huck als Boxer beschreiben?
Afolabi: „Hart, aggressiv und er ist gut in Form. Er ist nicht der ruhigste Boxer, aber er bekommt es so hin. Er ist ein harter Kerl.“
Ist es für Sie schwierig, in Deutschland zu kämpfen - sozusagen in Marco Hucks Wohnzimmer?
Afolabi: „Ich befinde mich nun an einem Punkt in meiner Karriere, an dem dies keine Rolle mehr spielt. Es ist einfach nur ein weiterer Kampf für mich. Aber es sagt viel mehr über ihn aus: Seinen letzten Kampf hat er außerhalb von Deutschland bestritten und wurde direkt ausgeknockt. Jetzt geht er direkt wieder zurück nach Deutschland. Das sagt sehr viel über ihn aus - vor allem mental. Aber das kann mir egal sein: Ich komme nach Deutschland und werde es ihm zeigen.“
Wie viel tragen die Trainer zum boxerischen Erfolg bei?
Afolabi: „Auf diesem Karrierelevel, das wir mittlerweile haben, kann man uns nichts Neues mehr beibringen. Man kann das verbessern, was wir haben. Wir werden denselben Kampfstil haben, allerdings leicht verbessert. Mein alter Trainer Fritz Sdunek hat mir Disziplin beigebracht. Ich bin eigentlich recht faul, aber da war er null tolerant. Er hat mir beigebracht, konzentriert zu sein. Ich habe den Vorteil gesehen, diszipliniert und konzentriert zu sein. Ich nehme diese Disziplin nun in jeden Kampf mit hinein.“
Was erwarten Sie vom Kampf?
Afolabi: „Marco Huck wird an den Dingen gearbeitet haben, die ihm sein Trainer gesagt hat. Aber alte Gewohnheiten lassen sich schwer überwinden. Wenn der Kampf hart wird, werden wir zu unserem alten, natürlichen Stil zurückkehren. Und es wird ein harter Kampf werden. Er muss den deutschen Fans viel beweisen! Der Kampf findet schließlich unter dem Motto "Huck Reloaded!" statt. Er kommt, aber ich werde bereit sein. Mein oberstes Ziel ist es, ihn auszuknocken. Ich schlage fester zu, ich trainiere härter. Ich bin in einer besseren Situation als je zuvor und er hat seinen letzten Kampf verloren - durch K.O. Egal, wie hart er versucht so zu tun, als ob er nicht daran denkt - er denkt daran. Das ist die menschliche Natur.“
Wie kamen Sie eigentlich auf Ihren Ringnamen Kryptonite?
Afolabi: „Das war ein Scherz, der aus meiner Kindheit stammt. Das ist eine lange, schwierige Geschichte. Aber wenn ich es mit Superman aufnehmen kann, dann kann ich es mit jedem aufnehmen! Dafür steht der Name.“
Was möchten Sie nach dem Boxen machen?
Afolabi: „Ich werde mir Eigentum zulegen und werde machen, was ich möchte: mich mit Freunden treffen, wann ich möchte, zum Strand gehen, wann ich möchte. Ich denke, ich werde dann hart genug gearbeitet haben, um zu tun, was ich tun möchte.“
Was passiert, wenn Sie diesen Kampf gewinnen?
Afolabi: „Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich denke nicht daran zu verlieren. Ich denke eher ,Wenn ich diesen Kampf gewinne, dann kann ich mir beim nächsten Kampf ein weiteres Haus kaufen.‘ Ich denke an die Zukunft. Ich arbeite jetzt hart, damit ich später nicht mehr hart arbeiten muss.“
…und wenn Sie verlieren?
Afolabi: „Bisher habe ich noch nie durch einen Knockout verloren. Bei einem Knockout würde ich wahrscheinlich zu keinem weiteren Kampf mehr antreten. Das würde mein Ego nicht verkraften. Ich bin jetzt 35 und wenn es jetzt passieren sollte, wäre es ein guter Zeitpunkt aufzuhören. Aber davon gehe ich nicht aus!“
Welche Bedeutung haben Ihre Tattoos?
Afolabi: „Ich habe die Namen meiner Mutter und meines Vaters tätowieren lassen und Engel. Ich bin in einer sehr religiösen Familie aufgewachsen. Ich bin nicht mehr religiös, aber es ist immer noch ein Teil von mir. Ich würde sie mir nicht entfernen lassen. All dies hat mich dorthin gebracht hat, wo ich heute bin.“
Wie steht es um Ihre eigene Familie?
Afolabi: „Ich habe keine: keine Kinder, keine Frau, keine Freundin. Der Boxsport ist meine Freundin. Wenn ich aufhöre - sagen wir mal grob mit 37 oder 38, was im Vergleich zu anderen wirklich früh ist, die sonst mit 65 in Rente gehen - kann ich immer noch nach einer Frau suchen. Ich habe dann immer noch gut 30 Jahre (lacht).“
Sie pokern gerne?
Afolabi: „Ja, Pokern ist ein bisschen wie Boxen. Ist der Gegner am Bluffen, wer hat die besseren Karten auf der Hand? Schachspielen hat auch viel mit Strategie zu tun. Aber da braucht man viel Geduld. Ich bin kein geduldiger Mensch. Es kann Tage dauern, bis jemand einen Zug spielt. Beim Pokern hat man nur 30 Sekunden. Das geht schneller und macht Spaß.“
Kurzportrait Ola Afolabi
Geburtstag: 15. März 1980
Geburtsort: London, Großbritannien
Nationalität :Britisch
Wohnort: Los Angeles
Größe: 1,91 Meter
Profidebüt: 14. Februar 2002
Kämpfe: 22 Siege; 11 KOs; 4 Niederlagen; 4 Unentschieden
Auslage: Normal
Trainer: Rudy Hernandez
Manager: Tom Loeffler
Erfolge: 2009/2012 WBO-Interims-Champion
2013 IBO-Weltmeister
seit 2015 IBO-Weltmeister
Privates
Ola Afolabi wurde am 15. März 1980 in London geboren. Afolabi ist nigerianischer Abstammung und verbrachte seine Kindheit abwechselnd in Afrika oder auf den Straßen der englischen Hauptstadt. „Ich war ein Problemkind, ein richtiger Troublemaker, alles was illegal war, machte ich. Ich schlug mich in Gangs durch und als ich das erste Mal Alkohol trank, bin ich völlig ausgerastet. Ohne das Boxen wäre ich heute im Knast oder tot“, sagt er heute über sich selbst. Nachdem Afolabi vier Jahre auf der Straße gelebt hatte, lag seine Mutter im Sterben und bat ihn, sich zu ändern: „Junge wir haben dich nicht auf die Welt gebracht, dass du dich auf der Straße rumtreibst und immer mit dem Gesetz in Konflikt bist - ändere dich!“
Afolabi entschied sich, nach Los Angeles zu gehen, um dort bei seinem Bruder ein neues Leben anzufangen. „Eigentlich wollte ich nur einige Monate bleiben, aber als dann meine Mutter gestorben ist, wollte ich nicht mehr zurück nach England.“
Nach wenigen Monaten verstritt sich Afolabi mit seinem älteren Bruder und er warf ihn raus. „Ich stand wieder ohne Geld auf der Straße. Ich erinnere mich noch, ich bin nachts immer in ein Tickethäuschen eines Kinos eingebrochen. Dort hatten sie einen kleinen Ofen und ich konnte gut schlafen. Einige Wochen später hat mich mein Vater mit etwas Geld unterstützt und ich konnte in einem Hostel übernachten“, so Afolabi. Später arbeitete er am Empfang dieses Hostels, als Gegenleistung wohnte er dort. Außerdem legte er Platten in einem illegalen Stripclub auf und verdiente so bis zu 100 Dollar am Abend. „Als ich zum ersten Mal das heutige Wild Card Gym betrat, hatte ich keinen besonderen Grund, ich wollte mich einfach nur etwas ablenken und etwas trainieren. Ich fragte Freddy Roach (Besitzer und heutiger Erfolgstrainer), ob ich die Fenster und Spiegel reinigen könnte. Roach willigte ein und zahlte mir 50 Dollar pro Woche. „50 Dollar sind eine Menge, wenn man sich nur von japanischen Instant-Nudeln ernährt“, sagte Afolabi.
Nach über sechs Trainingsmonaten im Gym wurden Trainer und Manager im Wild Card Gym auf den Londoner aufmerksam. „Ich war immer fleißig und es inspirierte mich auch, Leuten wie James Toney zuzuschauen. Eines Tages war es dann soweit und ich sparrte mit ihm. Ich stellte mich gar nicht so schlecht an, das meinte auch ein anwesender Manager und bot mir einen Vertrag an. Ich bekam 600 Dollar im Monat und ein Zimmer wo ich bleiben konnte“, berichtet Afolabi stolz. „Ich musste nicht mehr dauernd diese Nudeln essen und wurde endlich einmal für etwas was ich gut gemacht hatte belohnt.“
Afolabi wurde im Alter von knapp 22 Jahren Profi ohne einen einzigen Amateurkampf. „Als ich den Vertrag unterschrieb, ganz ehrlich, es war für mich wie eine Freikarte aus dem Knast in den ich früher oder später gekommen wäre. Ich wusste zwar nicht, wohin mich das Boxen bringen würde, aber ich hatte ein Auskommen und konnte sogar etwas Geld zurücklegen. Und als ich dann auch noch einige Kämpfe gewann, glaubte ich an mich. Ich glaubte an eine Boxkarriere.“
Afolabi trainierte im Wild Card Gym mit den richtigen Vorbildern und hatte durch Fleiß und Disziplin zum ersten Mal sein Leben dem Boxen untergeordnet. „Ich war jung und durch diesen Vertrag fuhr ich nach Las Vegas und mir gab plötzlich jemand 2000 Dollar, damit ich einen anderen boxe - das war beachtlich. In London wäre ich deshalb in den Bau gegangen und hier zahlt noch jemand dafür. Unglaublich, das war wirklich eine wahnsinnige Menge Geld und gegen Orlin Norris bekam ich sogar 6000 Dollar für nur einen einzigen Kampf, das ist unglaublich“, erinnert sich der heutige IBO-Weltmeister.
Auch nach so vielen Jahren im Profigeschäft, sagt Ola Afolabi, erkenne er sich nicht wieder. Manchmal versuche er, sein Leben von außen zu betrachten, und was er dabei sehe, lasse ihn staunen. „Ich sehe dann einen gereiften Mann mit einer Arbeitseinstellung, die früher unmöglich gewesen wäre. Ich sehe einen Menschen, der in der Lage ist, sich Ziele zu stecken und sie zu erreichen“, sagt er. Dass dieser Mensch er selbst ist, überrascht ihn.
Afolabi ist kein Modellathlet wie die Klitschkos, er ist ein Lebemann, der Frauen ebenso schwer widerstehen kann wie sein Vater, der ihm rund 60 Geschwister beschert hat, „genau weiß ich es nicht“. Er macht auch kein Geheimnis daraus, dass der Antrieb für sein Tun das Geld ist. „Ich weiß doch, dass es überall auf der Welt viel bessere Kämpfer gibt als mich, die aber viel weniger verdienen. Deshalb boxe ich dort, wo das meiste Geld für mich zu holen ist“, sagte er kürzlich. Außerhalb des Boxrings ist Afolabi ein Fan von Motorrädern und schnellen Autos, an denen er in seiner Freizeit bastelt.
RTL überträgt am 27. Februar den IBO-WM-Boxkampf ab 22:30 Uhr live und exklusiv unter dem Motto „Huck Reloaded!“ aus dem GERRY WEBER STADION in HalleWestfalen.