Bekannt wurde er als TV-Pathologe in der Rolle des „Tatort“-Professors Karl-Friedrich Boerne. Mit seiner Band Radio Doria ist der 54-jährige Schauspieler Jan Josef Liefers auch musikalisch erfolgreich. Vor zwölf Monaten veröffentlichte die mehrköpfige Popformation ihr zweites Album mit dem Titel „2 Seiten“, das auf der gleichnamigen Tour am 21. Oktober (Sonntag) 2018, ab 19.00 Uhr, live im GERRY WEBER EVENT CENTER in HalleWestfalen vorgestellt wird. Rund sechs Wochen vor diesem konzertanten Auftritt in der ostwestfälischen Lindenstadt spricht Jan Josef Liefers über die Berufsfelder Schauspiel sowie Musik, die anfänglichen Herausforderungen zum aktuellen Longplayer und darüber, dass Tragödie und Komik auch auf einer Tournee dicht beieinander liegen.
Herr Liefers, Sie sind Schauspieler und Musiker. Was ist ähnlich an den Berufen, was anders?
Jan Josef Liefers: „Es schadet nicht, als Schauspieler musikalisch zu sein. Denn Sprache - gerade am Theater - hat mit gutem Rhythmusgefühl zu tun. Umgekehrt ist es als Musiker hilfreich, wenn man keine Angst vor seinem Publikum hat. Das ist, was ein Schauspieler lernt. Ganz anders ist die Art, sich auszudrücken. Musik braucht keine Worte, während ein Schauspielerleben voller Worte ist. Die Sprache der Musik kann man überall verstehen, weil sie über das Gefühl funktioniert, nicht über den Verstand.“
Das heißt, Sie stehen lieber als Musiker auf der Bühne?
Jan Josef Liefers: „Die Mischung ist für mich genau richtig. Wenn die Musiker- oder Schauspielerpolizei sagen würde: Du musst dich für eins entscheiden, hätte ich eine harte Zeit vor mir.“
Wie gut funktionieren die beiden Jobs zusammen, weil doch beide Berufe hundertprozentige Aufmerksamkeit fordern?
Jan Josef Liefers: „Deshalb mache ich alles nacheinander. Gleichzeitig geht das nicht. Ich bin hundert Prozent dabei, aber nicht 365 Tage im Jahr.“
Dann müssen Sie ein gutes Maß an Selbstorganisation haben.
Jan Josef Liefers: „Absolut. Alles muss generalstabsmäßig geplant werden. Ich habe ja auch noch eine Familie, zwei Kinder. Das erfordert 1a-Organisation und Absprache.“
Das zweite Album ist das schwerste, heißt es. Inwiefern war das auch für Sie und Ihre Bandkollegen so?
Jan Josef Liefers: „Es ist schwieriger, weil man alle Songs, die man aufs erste Album packt, jahrelang mit sich herumgetragen hat. Der Turnus zum zweiten Album ist kürzer. Die Zeit, in der wir schreiben wollten, fiel genau in die Zeit, die für unser Land eine echte Herausforderung war: Flüchtlinge, offene Grenzen, die große Gegenwehr dagegen, die Folgen im gesellschaftlichen Ton. Auf einmal schien es keiner mehr auszuhalten, dass andere Leute eine andere Meinung hatten. Alle fühlten sich gedrängt, Stellung zu beziehen! Aber wir wollten keine durchpolitisierte Musik machen. Wir haben das durch eine Reise in den Iran abgeschüttelt. Wir wollten persische Musiker treffen und erfahren, was es bedeutet, Künstler in einer Diktatur zu sein. Als wir wieder hier waren, haben wir ‚Eigentlich‘ geschrieben.
Warum ist euer Album bewusst nicht politisch? Sonst sind Sie doch durchaus politisch.
Jan Josef Liefers: „Man kann nicht unpolitisch sein. Ob ich hingucke, ob ich mich engagiere oder ob ich weggucke und so tue, als gäbe es kein Problem - in jedem Fall hat mein Handeln auch eine politische Konsequenz. Waffen exportieren oder es nicht tun, helfen oder Hilfe unterlassen. Aber ich wollte nicht mit erhobenem Zeigefinger oder der Faust auf die Zwölf etwas Didaktisches abliefern.“
Das Album heißt „2 Seiten“. Worauf spielt der Titel an?
Jan Josef Liefers: „Schon unsere Oma sagt: ‚Alles hat seine zwei Seiten.‘ Dieser Satz soll uns sagen, dass es sich immer lohnt, eine Sache auch von ihrer anderen Seite zu betrachten, den eigenen Standpunkt zu verlassen und den der Gegenseite oder eines anderen Menschen einzunehmen. Wie schwer das wirklich ist, diese simple Weisheit ins eigene Leben zu übertragen, erleben wir gerade. Aber wenn man sich in den anderen hineinversetzt, ist die Hälfte schon geschafft. Die großen, guten Sachen der Menschheitsgeschichte sind immer durch Kooperation und Miteinander entstanden, nie durch Feindseligkeit, Hass und Abgrenzung.“
Sie haben mal gesagt, der Unterschied zwischen Tragödie und Komödie ist: In beiden Fällen fällt ein Mensch hin, aber entweder bleibt er liegen oder er steht auf. Wo erleben Sie so etwas?
Jan Josef Liefers: „Für mich liegt das dicht beieinander. Die Tragödie passiert vor der Komödie. Eine Komödie ist eine Tragödie, von der wir uns lachend verabschieden. Ich erlebe das zum Beispiel auf der Tour. Wir stehen im Proberaum, haben tolle Ideen, reden uns die Köpfe heiß, machen uns Gedanken, wie wir es am besten spielen. Jemand, der von außen draufguckt, würde sich wegschmeißen vor Lachen und sagen: Entspannt euch, alles wird gut!“
Das ist auch eine Einstellungssache.
Jan Josef Liefers: „Genau, ich will nicht in meine Probleme eingesperrt sein. Sie sollen mich nicht beherrschen oder lähmen. Selbst wenn ich im Auge des Orkans bin und es keinen Ausweg zu geben scheint, versuche ich innerlich zu tänzeln wie ein Boxer.“
Eintrittskarten sind zum Preis ab 39,90 Euro unter der telefonischen Hotline (05201) 81 80 erhältlich. Des Weiteren hier sowie bei allen CTS-Vorverkaufsstellen. Das GERRY WEBER TICKET CENTER ist wie folgt zu erreichen: Weidenstraße 2 (direkt an der B68 Richtung Osnabrück/Bielefeld gelegen), 33790 HalleWestfalen.